Onkologiekongresse
Onkologe
DOI 10.1007/s00761-016-0093-6
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Annette Junker
Wermelskirchen, Deutschland
Höhepunkte des amerikanischen
Krebskongresses 2016
Collective Wisdom: The Future of
Patient-Centered Care and Research
hieß das Motto des 52. jährlichen
Kongresses der American Society of
Clinical Oncology (ASCO), an dem
vom 03.06. bis 07.06.2016 in Chicago
mehr als 35.000 Teilnehmer aus der
ganzen Welt teilnahmen.
Brustkrebs
Zehn Jahre Hormontherapie –
reduziertes Risiko eines Rückfalls
ohne Einbußen der Lebensqualität
In der randomisierten Phase-3-Studie
MA.17R konnte gezeigt werden, dass
postmenopausale Frauen mit frühem
rezeptorpositivem Brustkrebs von ei-
ner Ausdehnung der Therapie mit dem
Aromatasehemmer Letrozol von 5 auf
10 Jahre profitieren
[ 1 ]. Nach 5 Jahren
Aromatasehemmer und einer beliebigen
Dauer einer noch davor durchgeführten
Tamoxifen-Therapie hatten die Frauen,
die weitere 5 Jahre Letrozol bekamen, ein
34 % geringeres Risiko für einen Rückfall
als diejenigen, die Placebo bekommen
hatten. In die Studie waren 1918 Frauen
mit frühem Brustkrebs aufgenommen
worden, nach vorherigen Therapien aus
Tamoxifen und 4,5–6 Jahren Letrozol
randomisiert worden und entweder wei-
tere 5 Jahre mit Letrozol oder Placebo
behandelt worden. Primärer Endpunkt
der Studie war das krankheitsfreie Über-
leben (DFS). Insgesamt kam es in der
Nachbeobachtungszeit zu 165 Vorfällen,
nämlich zu 67 unter Letrozol und zu
98 unter Placebo. Dabei handelte es sich
bei 42 vs. 53 um Fernmetastasen, bei
19 vs. 30 um Rückfall in der gleichen
Brust, bei 13 vs. 31 um Rückfall in der
kontralateralen Brust und bei 28 vs. 37
um Knochenmetastasen (jeweils Letro-
zol vs. Placebo). Nach 5 Jahren lebten
noch 95 % in der Letrozol- und 91 % in
der Placebo-Gruppe krankheitsfrei (HR
0,66,
p
= 0,01;
.
Abb.
1 ). Die Rate des
Gesamtüberlebens (OS) nach 5 Jahren
unterschied sich nicht signifikant zwi-
schen den beiden Gruppen (93 % vs.
94 %, Letrozol vs. Placebo, HR 0,97,
p
=
0,83).
Von den 1918 Frauen, die in die Stu-
die eingeschlossen worden waren, waren
1428 Frauen, die an einer Erfassung der
Lebensqualität teilgenommen hatten,
auswertbar. Mithilfe des Fragebogens
SF-36, der verschiedene Aspekte aus
den Bereichen körperliche und psychi-
sche Gesundheit abfragt und auch die
postmenopausale Situation berücksich-
tigt, waren die Frauen einmal pro Jahr
während der Studienteilnahme befragt
worden
[ 2 ]. In den Hauptzielen des
SF-36, der körperlichen und mentalen
Gesundheit und weiteren 8 QOL-Do-
mänen zeigten sich keine Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen. Aller-
dings berichteten die Frauen aus dem
Letrozolarm über schlimmere vasomo-
torische Symptome (nach 12 Mona-
ten:
p
= 0,02, nach 36 Monaten:
p
=
0,03) und stärkere Beeinträchtigung
des Sexuallebens (12 Monate:
p
= 0,01,
36 Monate
p
= 0,01). Über die gesamten
5 Jahre gesehen besserten sich aber beide
Symptome in beiden Gruppen.
Hirntumoren
Längeres Leben mit Chemo-
radiation für ältere Patienten mit
Glioblastom
Obwohl Glioblastome besonders häufig
bei älteren Patienten auftreten, gibt es
keine validierten Leitlinien für diese Pa-
tienten, und sie werden in der Praxis sehr
unterschiedlich behandelt. Eine während
der Plenarsitzung der ASCO vorgestellte
randomisierte klinische Studie liefert nun
erstmals Evidenz dafür, dass eine Che-
motherapie plus verkürzte Bestrahlung
das Leben für die Patienten verlängert,
ohnederenLebensqualitätzubeeinträch-
tigen
[ 3 ]. In die Studie wurden 562 neu
mit Glioblastom diagnostizierte Patien-
ten aufgenommen, die 65 Jahre oder älter
waren. Das mediane Alter der Patienten
betrug 73 Jahre, zwei Drittel waren älter
als 70 Jahre. Siewurden randomisiert und
erhielten entweder eine Behandlung mit
hypofraktionierter Bestrahlung (40 Gy
in 15 Fraktionen innerhalb von 3 Wo-
chen) mit gleichzeitiger adjuvanter Te-
mozolomid-Therapie (RT + TMZ) oder
nur Bestrahlung in der gleichen Dosie-
rung. Es zeigte sich, dass die Chemo-
radiation gegenüber der alleinigen Be-
strahlung signifikant das OS verlängert
(Median 9,3 Monate vs. 7,6 Monate, HR
0,67, 95%-KI 0,56–0,80,
p
< 0,0001).
Auch das progressionsfeie Überleben
wurde unter der Chemoradiation signi-
fikant verlängert (median 5,3 Monate vs.
3,9 Monate, HR 0,50, 95%-KI 0,41–0,60,
p
< 0,0001). Besonders gut sprachen
die Patienten mit MGMT-Methylierung
(
MGMT
O6-Methylguanin-DNA-Me-
thyltransferase) in ihrem Tumorgewebe
(
n
= 165) auf die Chemoradiation an.
Bei diesen Patienten betrug das OS 13,5
bei den Patienten mit RT + TMZ vs.
nur 7,7 Monate für RT-Patienten. Die
Analysen der Lebensqualität, die mit
den EORTC-Fragebögen QLQC30 und
BN20 erfasst wurden, zeigten keine Un-
terschiede bei Aspekten wie physische,
kognitive, emotionale und soziale Funk-
tionstüchtigkeit. Allerdings kam es bei
Der Onkologe