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Onkologe 2015 · 21:852–858

DOI 10.1007/s00761-015-3027-9

Online publiziert: 13. August 2015

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

A. Junker

Wermelskirchen

Nachlese – Höhepunkte und

Schlaglichter des amerikanischen

Krebskongresses 2015

„Illumination and Innovation, trans-

forming data into learning“ hieß das

Motto des 51. jährlichen Kongresses

der American Society of Clinical On-

cology (ASCO), an dem vom 29. Mai

bis Juni 2015 mehr als 30.000 Teilneh-

mer aus der ganzenWelt in Chicago

teilnahmen. Bedeutsame Fortschritte

in der Immuntherapie, die sich in Stu-

dien quer durch viele verschiedene

Entitäten zeigten, prägten den Kon-

gress in diesem Jahr ganz besonders.

Immunonkologie –

der große Hype

Nach der Einführung von Ipilimumab,

einem der ersten Immuntherapeutika in

der Onkologie im Jahr 2011, wurde dieser

gegen CTLA4 gerichtete Antikörper 2013

für die Erstlinienbehandlung von Mela-

nomen zugelassen. Als weitere Immun-

therapeutika mit einer anderen moleku-

laren Zielstruktur folgten die gegen PD1/

PDL1 gerichteten Antikörper Nivolumab,

Pembrolizumab und Avelumab, denen

in diesem Jahr sehr viele Beiträge gewid-

met waren. Der „programmed death-1 re-

ceptor“ (PD-1) und sein Ligand (PD-L1)

sind wichtige therapeutische Ziele in der

Immuntherapie. Bindet der Ligand PD-L1

an PD1, so führt das zu einer Hemmung

der durch T-Zellen vermittelten Immu-

nantwort gegen Krebs. Werden die Inter-

aktionen zwischen PD-1 und PD-L1 ge-

hemmt, kommt es zu einer Reaktivierung

des Immunsystems, die T-Zellen können

dann verschiedene Krebsentitäten be-

kämpfen. Nivolumab und Pembrolizumab

wurden bereits 2014 von der FDA zur Be-

handlung vonMelanompatienten zugelas-

sen, Nivolumab zusätzlich im März 2015

zur Zweitlinientherapie fortgeschrittener

nichtplattenepithelialer NSCLC (nich-

kleinzelliges Lungenkarzinom). Es gibt

Hinweise darauf, dass Avelumab zusätz-

lich mit seinem nativen Fc-Fragment das

angeborene Immunsystem beteiligen und

eine antikörperabhängige zelluläre Zyto-

toxizität (ADCC) auslösen kann.

Schachmatt

(

CheckMate

) heißen die

Studien mit Nivolumab,

Kernaussage

(

Keynote

) diejenigen mit Pembrolizumab

und

Javelin

diejenigen mit Avelumab.

Zahlreiche dieser Studien mit ihren guten

Ergebnissen bei verschiedensten Entitäten

wurden während der ASCO-Tagung 2015

vorgestellt.

CheckMate

Offensichtlich kann die durch Ipilimu-

mab erreichte Wirksamkeit bei

Melano-

men

durch eine Kombinationmit demPD-

L1-Antikörper Nivolumab noch gesteigert

werden. In einer doppelt verblindeten ran-

domisierten dreiarmigen Studie (Check-

Mate 067), die 945 Patienten mit fortge-

schrittenen Melanomen in der Erstlinien-

therapie einschloss, erzielte die Kombina-

tion ausNivolumab und Ipilimumab ein si-

gnifikant längeres medianes progressions-

freies Überleben (PFS) als Ipilimumab al-

lein [11,5 vs. 2,9 Monate, HR 0,42 (99,5%-

KI 0,31–0,57); [1]]. Auch mit Nivolumab

allein war das PFS länger als mit Ipilimu-

mab-Monotherapie (6,9 vs. 2,9 Monate;

HR 0,57 (99,5%-KI 0,43–0,76); p<0,00001;

. 

Abb. 1

]. Als erstes Resümee äußerten

sich die Autoren hoch beeindruckt, dass

die bemerkenswerten Effekte von Immun-

therapien beim Melanom, die in den ver-

gangenen Jahren schon gezeigt werden

konnten, offenbar noch zu steigern sind,

wenn verschiedene Immuntherapeutika

miteinander kombiniert werden. Abgese-

hen davon merkten sie aber auch an, dass

die bessere Wirkung mit mehr Nebenwir-

kungen einhergeht. So hatten im Kombi-

nationsarm 55% der Patienten Nebenwir-

kungen der Grade 3 und 4, mit Nivolumab

und Ipilimumab allein 16,3% bzw. 27,3%.

Dies führte zu 36,4% vs. 7,7% bzw. 14,8%

Therapieabbrüchen. Der Diskutant Leo-

nard Saltz, Memorial Sloan Kettering Can-

cer Center, NewYork, wies auch auf die ex-

orbitantenKosten der Kombinationsthera-

pie mit Nivolumab und Ipilumumab hin.

Bei Kosten von 28,78 $ bzw. 157,46 $ pro

mg gingen die Gesamtkosten der Therapie

in die Hunderttausende Dollar. Der Preis

von Ipilimumab sei ungefähr 4000-mal so

hochwie der vonGold. Auf dieDauer wür-

den so hohe Preise neuer Medikamente in

der Onkologie die Entwicklung von Inno-

vationen eher behindern als fördern, da sie

vomGemeinwesennichtmehr zu finanzie-

ren seien.

Auch bei

nichtplattenepithelialen

NSCLC

wurden positive Resultate mit mit

Nivolumab vorgestellt: Die CheckMate-

057-Studie randomisierte 582 Patienten,

die nach Platintherapie progredient ge-

worden waren, für 3 mg/kg Nivolumab al-

le 2 Wochen oder 75 mg/m

2

Docetaxel al-

le 3 Wochen behandelt [2]. Mit Nivolu-

mab war die Ansprechrate höher (19,2%

vs. 12,4%), und die Patienten lebten durch-

schnittlich 3 Monate länger als bei Behand-

lung mit dem Taxan (12,2 vs. 9,4 Monate).

Im Nivolumab-Arm lebten Patienten mit

hoher PD-L1-Expression im Tumor (≥1%

Zellen) besonders lange (17 Monate vs.

9 Monate im Docetaxel-Arm). Zu Neben-

wirkungen der Grade 3 und 4 kam es hier

bei 10,5%vs. 53,7%mit Therapieabbrüchen

in 4,9% bzw. 14,9% der Fälle. Im Vergleich

zur Chemotherapie schnitt also hier die

Anti-PD1-Monotherapie besser ab.

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