Onkologiekongresse
fikant: Dieses Ziel wurde mit kurz vs.
länger gelagerten Konserven in 58 %
bzw. 61 % erreicht. Als weiteres Effek-
tivitätskriterium wurde die Steigerung
der Sauerstoffkonzentration im Gehirn
mittels Nahinfrarotspektroskopie ge-
messen. Auch hier unterschieden sich
die beiden Gruppen nicht signifikant,
ebenso bzgl. des Status nach 30 Tagen.
Somit folgern die Autoren, dass länger
gelagerte Erythrozytenkonzentrate nicht
weniger funktionsfähig sind als kürzer
gelagerte. Diese Erkenntnisse können
Relevanz für Regularien zu Lagerung
von Erykonzentraten weltweit haben.
Warfarin zur Langzeitbehand-
lung von tumorassoziierten
venösen Thrombosen
Die Standardbehandlung für Krebs-
patienten, die eine venöse Thrombose
entwickeln, besteht bisher aus einer
drei bis 6-monatigen Antikoagulati-
onsbehandlung mit niedermolekularen
Heparinen (LMWH). Da es wenig Daten
dazu gibt, wie nach diesen 6 Monaten
weiter behandelt werden soll, wurde eine
randomisierte Studie bei 1502 Patien-
ten mit tumorassoziierten Thrombosen
durchgeführt
[ 4 ]. Alle Patienten waren
6 Monate lang mit LMWH behandelt
worden. Im Anschluss erhielten 763 Pa-
tienten weiterhin LMWH, bei 739 Pati-
enten erfolgte eine Umstellung auf orale
Warfarin-Therapie. Nach einem media-
nen Follow-up (ab VTE-Diagnose) von
11 Monaten betrug die kumulative In-
zidenz schwerer Blutungen 2,6 % in der
LMWH-Gruppe und 2,7 % in der War-
farin-Gruppe. Die kumulative Inzidenz
von Blutungen insgesamt wurde 6,7 % vs.
7 %dokumentiert (LMWHvs.Warfarin).
Auch die Rate rekurrenter Thrombosen
unterschied sich nicht zwischen den
Gruppen (7,2 % für LWMH vs. 6,0 %
für Warfarin; HR 0,70 [CI: 0,46–1,07;
p
= 0,10]). Entsprechend fassten die
Forscher zusammen, dass Warfarin in
der Langzeitbehandlung eine akzeptable
Alternative zu LMWH für Patienten mit
tumorassoziierten Thrombosen und die
kostengünstigere und für den Patien-
ten angenehmere orale Therapie nicht
schlechter sei als LWMH.
Zielgerichtete Therapien in der
Hämatoonkologie
Perspektiven ohne Chemotherapie
werden denkbar
AML
Die akute myeloische Leukämie (AML)
ist eine der häufigsten Formen adulter
Leukämien. Bei ca. 30 % der AML-Pa-
tienten liegt eine Mutation des FLT3-
Gens vor, was eine schlechte Prognose
für die entsprechenden Patienten bedeu-
tet: Die Erkrankungen verlaufen aggres-
siver und es kommt häufiger zu Rück-
fällen. Midostaurin ist ein experimen-
teller Multikinaseinhibitor, der u. a. mu-
tiertes FLT3 hemmt. Eine multinationa-
le Phase-3-Studie untersuchte, ob Zuga-
be vonMidostaurin zur Standardchemo-
therapie die Überlebensraten verbessern
kann
[ 5 ]. 717 Erwachsene im Alter von
18 bis 60 Jahren mit neu diagnostizierter
FLT3-mutierter AML wurden randomi-
siert und erhielten entwederMidostaurin
oral oder Placebo zusätzlich zuDaunoru-
bicin und Ara-C. Dem folgte eine einjäh-
rige Erhaltungstherapie mit Midostau-
rin. Nach einem medianen Follow-up
von 57 Monaten war das Gesamtüber-
leben (OS) als primärer Endpunkt bei
den Patienten, die zusätzlich zur Chemo-
therapie Midostaurin bekommen hatten,
signifikant länger (74,7 vs. 26,0 Monate;
p
= 0,0076). Die mediane Zeit bis zum
Rückfall oder Tod betrug acht Monate im
Midostaurin-Arm im Vergleich zu drei
Monaten unter alleiniger Chemothera-
pie.
ALL
Seit vielen Jahren gehört der CD20-An-
tikörper Rituximab in Kombination mit
einer Chemotherapie zur Standardthera-
pie bei B-Zell-Lymphomen. Im Jahr 2001
wurde die der Zulassung zugrunde lie-
gende Studie, die den Einsatz des CD20-
Antikörpers bei diffusen großzelligen
B-Zell-Lymphomen untersucht hatte,
auf der ASH-Tagung vorgestellt. Nun
konnte eine neue Studie zeigen, dass Ri-
tuximab auch bei dem B-Zell-Vorläufer-
ALL wirksam ist. Da das CD20-Antigen
bei B-Vorläufer-ALL in 30–40 %der Fälle
exprimiert wird, konnte vermutet wer-
den, dass der Antikörper hier ebenfalls
wirksam sein würde. In die multizentri-
sche, randomisierte Studie wurden von
2005 bis 2014 an 56 Zentren 220 ALL-
Patienten zwischen 18 und 59 Jahren mit
neu diagnostizierter CD20-positiver, Ph-
negativer BCP-ALL aufgenommen. Die
Behandlung erfolgte entweder nach dem
von der pädiatrischen Onkologie inspi-
rierten GRAALL-Protokoll ohne oder
mit zusätzlicher Gabe von Rituximab
zu definierten Zeitpunkten während In-
duktion, Reinduktion, Konsolidierung
und Intensivierung
[ 6 ]. Unter Abwägung
individueller Risikofaktoren erfolgte bei
Erreichen einer kompletten Remission
und geeignetem Spender eine allogene
Stammzelltransplantation (SCT).
Nach Induktion und ggf. Salvage-
Reinduktion waren die Raten an kom-
pletten Remissionen in Rituximab- und
Kontrollarmvergleichbar (92 %vs. 91 %).
Aber ein größerer Anteil der Patienten im
Rituximab-Arm konnte einer allogenen
SCT zugeführt werden (34 %vs. 20 %,
p
=
0,029). Nach einem medianen Follow-
up von 30 Monaten war außerdem bei
Patienten im Rituximab-Arm die kumu-
lative Inzidenzrate (CIR) von Rezidiven
geringer (2-Jahres CIR: 18 % vs. 30,5 %;
p
= 0,02). Dies resultierte auch in länge-
rem ereignisfreiem Überleben (EFS) im
Rituximab-Arm (2-Jahres EFS: 65 % vs.
52 %; HR = 0,66 [0,45–0,98];
p
= 0,038;
.
Abb.
1 ). Das Gesamtüberleben nach
2 Jahren unterschied sich imGesamtkol-
lektiv nicht signifikant zwischen beiden
Gruppen (71 vs. 64 %;
p
= 0,095), wohl
aber, zugunsten von Rituximab, wenn
der Verlauf von Patienten nach Trans-
plantation nicht berücksichtigt wird (74
vs. 63 %;
p
= 0,018).
Rituximab wurde gut vertragen, mit
nur einem leichten Trend zu mehr Infek-
tionen. In der Rituximab-Gruppe kam es
signifikantseltenerzuHypersensitivitäts-
reaktionen auf Asparaginase. Dies lässt
vermuten, dass Rituximab durch B-Zell-
Suppression auch die Bildung von Aspa-
raginase-Antikörpernunterdrückt. Nach
Ansicht der Experten vor Ort wird die-
se Studie, die als erstes Abstract in der
Plenarsitzungvorgestelltwurde, denThe-
rapiestandard bei BCP-ALL ändern.
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Der Onkologe 3 · 2016