Onkologiekongresse
Abb. 1
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Kaplan-Meyer-Plot des von den Zentren ermittelten PFS für die G-Chemo- und R-Chemo-
Studienarme bei der Behandlung von Patientenmit follikulären Lymphomen. (Aus
[ 6 ])
bicin und Cyclophospamid um 50 % ge-
ringer als in P-II.
Das primäre Ziel dieser Analyse war
die Nichtunterlegenheit („non-inferiori-
ty“) der weniger intensive Therapie zu
zeigen. Dabei waren nur Patienten mit
Standardrisiko, definiert als MRD-nega-
tiv andenTagen33und 78 abdemBeginn
der Induktionstherapie, in diesen rando-
misierten Vergleich eingeschlossen wor-
den. Zur Feststellung des Risikos wur-
den mindestens zwei molekulare Marker
mit einer Sensitivität vonmindestens 10
–4
eingesetzt.
Bei einer bemerkenswert langen
Nachbeobachtungszeit von 8,6 Jahren
waren nach 4 Jahren 91,8 % in der in-
tensitätsreduzierten P-III-Gruppe und
95,8 % in der Standard-P-II-Gruppe
krankheitsfrei am Leben – mit
p
=
0,04 statistisch signifikant. Nicht signifi-
kant unterschiedlich waren dagegen die
kumulative Rezidivinzidenz nach dem
4. Jahr, wenn es auch einen Trend zu
mehr Rückfällen in der P-III-Gruppe gab
(6,3 % vs. 3,2 %), und der Unterschied
imGesamtüberleben nach 8 Jahren (89,2
vs. 92,3 %;
p
= 0,06).
Unter dem Strich war demnach der
Versuch, bei kindlicher ALL mit günsti-
ger Prognose die Last der intensivenThe-
rapie zu verringern, nicht erfolgreich, so
das Resümee der Autoren. Es sei nicht
auszuschließen, dass es irgendwann doch
gelingen könnte, Patienten zu identifizie-
ren, für die eine weniger intensive The-
rapie ausreichend ist. Für den Moment
sei man durch diese Ergebnisse aber da-
rauf hingewiesen worden, dass weniger
nicht immer mehr, sondern manchmal
in der Tat weniger sei, fasste der vor-
tragende Studienautor Martin Schrappe,
Kiel, zusammen.
Kein Zusatznutzen durch
Ergänzungen zur Standard-
erhaltungstherapie bei multiplem
Myelom
Die Standardtherapie für körperlich fit-
te Patienten mit multiplem Myelom
(MM) besteht aus drei Komponenten:
ein Therapiekurs mit einer Kombination
von Proteasominhibitoren, Thalidomid-
Analoga, Kortikosteroiden und alkylie-
renden Substanzen, gefolgt von einer
Hochdosistherapie mit Melphalan, au-
tologe Stammzelltransplantation (auto-
SZT) und danach Erhaltungstherapie
mit Lenalidomid zur Reduzierung des
Rezidivrisikos. Es hat sich gezeigt, dass
diese Erhaltung nach auto-SZT sowohl
das progressionsfreie Überleben als auch
das Gesamtüberleben verlängert. In den
letzten Jahren wurde dieser
Erhaltungs-
standard
verschiedentlich durch weitere
Chemotherapeutika ergänzt und/oder
eine zweite auto-SZT angeschlossen.
Die größte randomisierte Studie, die
jemals indenUSAzumThema Posttrans-
plantation bei MM durchgeführt wurde,
sollte Klärung bringen. In der dreiarmi-
gen Studie wurden 758 Patienten zwi-
schen 20 und 70 (median 57) Jahren
in 54 Zentren entweder einer Erhaltung
mit Lenalidomid allein, zusätzlicher Ga-
be von Bortezomib und Dexamethason
oder danach noch einer zweiten auto-
SZT zugeteilt
[ 7 ]. Diese Strategien führ-
ten aber nicht zu einem zusätzlichen Be-
nefit in Bezug auf den primären End-
punkt der Studie, das progressionsfreie
Überleben (PFS) nach 38 Monaten: Die-
ses betrug in den drei Behandlungsar-
men 52 % vs. 57 % vs. 56 %. Die fina-
le Auswertung zusammen mit der Ana-
lyse von sekundären Endpunkten wie
QOL, Ansprechraten und Toxizität er-
folgt, wenn alle Patienten die Nachbeob-
achtungszeit von38Monatenabgeschlos-
sen haben. Aber jetzt schon kommentier-
te der leitenden Autor der Studie, Ed-
ward A. Stadtmauer, Philadelphia, dass
die untersuchten Strategien nicht besser
seien als der bisherige Erhaltungsstan-
dard Lenalidomid.
Neue biomedizinische
Techniken zur Überwindung
von hämatologischen Krisen
„Just add water“ – Künstliche
Blutzellen als Alternative zu
Bluttransfusionen
Erstmals wurden künstliche rote Blutzel-
len entwickelt (
ErythroMer
), mit deren
Hilfe sich die Vitalfunktionen normaler
Erythrozyten nachahmen lassen. Diese
könnten irgendwann – als Notfall-Set
vom Arzt mitgeführt – nur mit Wasser
verdünnt Patienten, die akut und drin-
gend Blut brauchen, verabreicht werden.
Erste In-vivo-Wirksamkeitsnachweise
im Tiermodell wurden vorgestellt
[ 8 ].
Der Bedarf an künstlichen Trägern
von Sauerstoff (O
2
) ist hoch für Fäl-
le, in denen gekreuzte Blutkonserven
nicht zur Verfügung stehen. Bislang sind
aber alle Versuche, hämoglobinbasierte
Sauerstoffträger zu entwickeln, fehlge-
schlagen. So wurde etwa O
2
zum großen
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Der Onkologe 3 · 2017
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