Onkologiekongresse
Onkologe 2017 · 23:228–231
DOI 10.1007/s00761-017-0192-z
Online publiziert: 7. Februar 2017
© Springer Medizin Verlag Berlin 2017
Annette Junker
Wermelskirchen, Deutschland
ASH 2016 – Schlaglichter von der
Jahrestagung der
amerikanischen Hämatologen
San Diego, 02.–06.12.2016
Die 58. Jahrestagung der American
Society of Hematology (ASH) zog
rund 27.000 Teilnehmer aus über
100 Ländern an und bot eine Vielzahl
spannender Forschungsergebnisse
zur Therapie von Erkrankungen des
blutbildenden Systems.
Neues von der CAR-T-
Zelltherapie
Bei dieser Form der adoptiven Im-
muntherapie werden T-Zellen ex vi-
vo gentechnisch so verändert, dass sie
chimäre Konstrukte mit Rezeptoreigen-
schaften gegen definierte Antigene auf
(Tumor-)Zellen exprimieren und bei
Bindung an das betreffende Antigen
zugleich ihre Effektorfunktion aktiviert
wird. Die reinfundierten Chimeric-
Antigen-Receptor(CAR)-T-Zellen kön-
nen Tumorzellen an den spezifischen
Oberflächenmerkmalen erkennen, ge-
gen die die CAR gerichtet sind, und
bekämpfen. Die Resistenz von Tumo-
ren gegenüber zytotoxischen T-Zellen
wird auf diese Weise primär umgangen.
Die ersten klinischen Studien wurden
mit CAR-T-Zellen gegen das Antigen
CD19 durchgeführt. Es waren überwie-
gend kleinere Studien oder Fallberichte
mit begrenztem Follow-up, die aber
mit ihren Ansprechraten und anhalten-
den kompletten Remissionen (CR) auf
die Effektivität dieser neuen Strategie
aufmerksam machten. Einige erhielten
von der FDA bereits die Zulassung als
Breakthrough-Therapie
.
Auf der Tagung wurden Ergebnisse
der ersten größeren multizentrischen
Phase-II-Studie mit einem Anti-CD19-
CAR-T-Zell-Produkt (KTE-C19) bei Pa-
tienten mit refraktären Non-Hodgkin-
Lymphomen vorgestellt (ZUMA-1), die
zwei Kohorten zugeteilt wurden: diffuse
großzellige B-Zell-Lymphome (DLB-
CL), eine besonders aggressive Form
(Kohorte 1), sowie primär mediastinale
B-Zell-Lymphome und transformierte
follikuläre Lymphome
[ 1 ]. Insbeson-
dere Patienten mit chemorefraktärem
oder nach autologer Stammzelltrans-
plantation rezidiviertem DLBCL haben
eine ungünstige Prognose: Das mediane
Überleben beträgt ca. 6 Monate, und nur
ca. 8 % erreichen mit jeglicher Thera-
pie eine komplette Remission, wie eine
ebenfalls auf der Tagung vorgestellte
retrospektive Analyse der Verläufe von
rund 600 Patienten ergab (SCHOLAR-1;
[ 2 ]).
DLCBC – Vollremissionsrate
versechsfacht
Nach der jetzt vorgestellten Interimsana-
lyse der Ergebnisse von 51 auswertba-
ren Patienten der DLBCL-Kohorte von
ZUMA-1 sprachen insgesamt 76 % auf
die CAR-T-Zell-Therapie mit KTE-C19
an (47 % CR und 29 % PR), wobei die
meisten Remissionen schon im ersten
Behandlungsmonat eintraten. Die Voll-
remissionsrate lag damit ca. sechsfach
höher als mit konventionellen Salvage-
Therapien. Obwohl es auch in ZUMA-
1 innerhalb der ersten Monate zu Rück-
fällen kam, betrug die Gesamtremissi-
onsrate nach 3 Monaten immer noch
39 % (33 % CR, 6 % PR). Angesichts der
in den meisten der 22 beteiligten Zen-
tren fehlenden Vorerfahrung mit CAR
T-Zell-Therapien sei es zudem erfolg-
reich gelungen, dieHerstellung der CAR-
T-Zellen, die gesamte Behandlungslogis-
tik und das Nebenwirkungsmanagement
für verschiedene Studienzentren umzu-
setzen. Effektivität und Toxizität seien
vergleichbar mit der von monozentri-
schen CAR-T-Zell-Studien, so Studien-
leiter Sattwa Neelapu, Houston (Texas).
Bei 25 % der Patienten kam es zu aus-
geprägten neurologischen Symptomen,
wie kurzeitige Verwirrtheit oder Desori-
entierung, und zu
Grad-3/4-Zytokin-Re-
lease-Syndromen
, einer häufigen Neben-
wirkung, die bei diesenTherapien inrund
15 % der Fälle auftritt. Die Symptome
sind Fieber, Blutdruckabfall und Kurzat-
migkeit. EinPatient verstarb durchÜber-
aktivierung des Immunsystems. Man ha-
be aber jetzt Guidelines für die Erken-
nung und Behandlung dieser Nebenwir-
kungen und könne sie auch in Kliniken
implementieren, die bislangnochgar kei-
ne Erfahrungmit CAR-T-Zell-Therapien
haben, so Neelapu.
Das Studienteam analysierte auch se-
parat die Ergebnisse der Behandlung von
20 Patienten mit primär mediastinalen
B-Zell-Lymphomenund transformierten
follikulären Lymphomen in Kohorte 2
der ZUMA-1-Studie
[ 3 ]. Die Gesamt-
ansprechrate auf die Behandlung betrug
hier 80 % mit 55 % kompletter Remis-
sionen. Die Patienten beider Kohorten
sollen 15 Jahre nachbeobachtet werden.
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Der Onkologe 3 · 2017
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