Dr. Annette Junker - Medizinjournalistin, Medical Management - page 2

Onkologe 2013 · 19:887–892
DOI 10.1007/s00761-013-2548-3
Online publiziert: 4. September 2013
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
A. Junker
Wermelskirchen
ASCO 2013
Höhepunkte eines Megaevents
in der Onkologie
Onkologiekongresse
Unter demMotto„Building bridges
to conquer cancer“ trafen sich vom
31.5.–4.6. in Chicago mehr als 32.000
Teilnehmer zur 49. Jahrestagung der
American Society of Clinical Oncology
Themen der Plenarsitzung
Mit einfachen Mitteln gegen
Gebärmutterhalskrebs
In Indien ist das Zervixkarzinom die häu-
figste Krebstodesursache bei Frauen. Da
ein systematisches Pap-Screening nicht
verfügbar und schwierig zu implemen-
tieren ist, wird nach einfacheren Mög-
lichkeiten der Früherkennung gesucht.
Eine große randomisierte Cluster-Studie
zur Evaluation der visuellen Inspektion
der Portio nach Essigsäureprobe (VIA)
deutet darauf hin, dass dieses Verfahren
eine praktikable Alternative darstellt [1].
Über einen Zeitraum von 14?Jahren wur-
den rund 150.000 Frauen zwischen 35 und
64?Jahren eingeschlossen. Bei der Hälfte
der Teilnehmerinnen erfolgte insgesamt
4-mal, jeweils im Abstand von 2?Jahren,
durch geschultes Gesundheitspersonal ein
VIA-Screening. In der Kontrollgruppe er-
hielten die Frauen lediglich eine einmalige
Schulung und Information zu Gebärmut-
terhalskrebs bei Studieneintritt und keine
Untersuchung – was dem gegenwärtigen
Standard in Indien entspricht. Die Essig-
säureprobe basiert darauf, dass sich prä-
kanzeröses Gewebe bei Benetzung inner-
halb von 60?s weiß verfärbt, was mit blo-
ßem Auge zu erkennen ist.
Die Inzidenz von invasivem Gebär-
mutterhalskrebs war in den beiden Grup-
pen vergleichbar (26,7 vs. 27,5 pro 100.000
in der Screeninggruppe bzw. der Kontroll-
gruppe). Dies lässt darauf schließen, dass
das VIA-Screening nicht zur Überdiag-
nose führte. Dabei wurde aber die Zer-
vixkarzinommortalität in der Screening-
gruppe um 31% signifikant gesenkt (11,1
bzw. 16,2 Todesfälle pro 100.000; p=0,003)
– ein Erfolg der früheren Diagnose mit
besseren Behandlungschancen. Mit die-
sem einfach zu implementierenden Ver-
fahren könnten allein in Indien jährlich
22.000 Todesfälle durch Zervixkarzinom
verhindert werden, rechneten die Autoren
vor. Die Qualität der Untersuchung und
Befundung durch die geschulten nicht-
ärztlichen Kräfte unterschied sich nicht
von der Untersuchung durch ausgebilde-
te Gynäkologen.
Bevacizumab verlängert das
Überleben bei fortgeschrittenem
und rezidiviertem Zervixkarzinom
Eine Kombination von Chemotherapie
mit dem Angiogeneseinhibitor Bevacizu-
mab kann das Gesamtüberleben in dieser
schwierigen Situation deutlich und nach
Einschätzung der Autoren klinisch signi-
fikant verlängern, wie eine randomisier-
te Phase-III-Studie nun erstmals zeigen
konnte [2]. In der vierarmigen Studie er-
hielten 452 Frauen eine Chemotherapie
mit Cisplatin/Paclitaxel oder Topotecan/
Paclitaxel plus/minus Bevacizumab. Bei
vergleichbarer Wirksamkeit der beiden
Chemotherapie-Regime verringerte die
Addition von Bevacizumab das Mortali-
tätsrisiko signifikant (HR 0,71; p=0,0035).
Die Bevacizumab-Patienten überlebten
im Median mehr als 3 Monate länger (17
vs. 13,3 Monate). Auch die Ansprechrate
war mit 48% vs. 36% höher und hielt län-
ger an. Die Nebenwirkungen unter Beva-
cizumab entsprachen den zu erwarten-
denmit Grad-3/4-Blutungen in 5% vs. 1%,
thrombotischen und embolischen Kom-
plikation in 9% vs. 2% und gastrointesti-
nalen Fisteln in 3% vs. 0%. Die Patientin-
nen gaben keine Beeinträchtigung ihrer
Lebensqualität an.
Kein Überlebensgewinn
durch Bevacizumab in der
Erstlinientherapie des Glioblastoms
Bevacizumab hat die FDA-Zulassung für
rezidivierte Glioblastome erhalten, da sich
in einigen Phase-II-Studien eine deutliche
radiologisch dokumentierte Aktivität ge-
zeigt hatte. Teilweise wird es „off label“
bereits in der Erstlinientherapie des Glio-
blastoms eingesetzt, weil man sich Vortei-
le für einzelne Patienten erhofft. Dies war
auch die Rationale für eine Phase-III-Stu-
die zum Einsatz in der Erstlinientherapie,
in der 637 Patienten für Chemoradiothe-
rapie plus Placebo oder Bevacizumab ran-
domsiert wurden [3]. Die Erwartung er-
füllte sich nicht: Bevacizumab konnte das
mediane Gesamtüberleben nicht verlän-
gern (16,1 vs. 15,7 Monate), die Steige-
rung des progressionsfreien Überlebens
war allenfalls bescheiden (10,7 vs. 7,3 Mo-
nate). Da es in der Bevacizumab-Gruppe
zu erhöhter Toxizität wie Thrombozyto-
penie, Blutgerinnseln und Bluthochdruck
kam, raten die Experten insbesondere von
einemEinsatz in der Erstlinientherapie ab.
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Der Onkologe 10 · 2013
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